Ich nehme den Faden mal auf, weil Male-Loneliness-Epidemic für mich immer so den leichten Beigeschmack hat, als ob die armen Männer nix auf die Reihe kriegen und die bösen, starken, unabhängigen Frauen auch noch daran schuld sind... für mich ist das schon ein bisschen selbst verschuldetes Elend, wenn ein Mann sich davon betroffen fühlt.
Eins vorweg: Weder sind die Frauen die Armen, noch die Männer die Armen - es gibt wirklich ein paar fantastische Männer, die das Leben bereichern und ich bin definitiv keine frustrierte Männerhasserin. Aber - zumindest in meinem persönlichen Umfeld - ist das Gleichgewicht aus den Fugen geraten. Ich kenne mehr intelligente, sportliche, witzige, liebevolle, verlässliche, fianziell unabhängige, selbstbewußte und selbstbestimmte Frauen, als Männer. Ich habe das Gefühl, dass in der Generation 35+ die Männer (viele, nicht alle!) an irgendeinem Punkt von Frauen in ihrer Entwicklung "abgehängt" worden sind und genau jene jetzt lieber ein bisschen jammern, als vielleicht einmal ihr eigenes Handeln hinterfragen.
Im Jahr 2025 "brauchen" die meisten Frauen in unserem Kulturkreis keine Männer mehr um finanziell abgesichert zu sein und um ihren Alltag zu meistern. Männer müssen "gewollt" werden - und genau das ist das Problem. Während Frauen sich über die letzten Jahrzehnte in vielen Lebensbereichen weiterentwickelt haben (Ausbildungsmöglichkeiten, Karriere, Reisen, Interesse an Gesundheit, Sport, Kultur, Management von Familie-Beruf-Kinderbetreuung-Haushalt...) sind viele Männer in alten Mustern und Verhaltensweisen ("Ich möchte der Provider sein, schaff's aber nicht meine 10 Klarna Kleinkredite zu bedienen...") stecken geblieben. Frauen trauen sich mehr, entdecken die Welt, werden bei Gehaltsverhandlungen mutiger und wählen die Freiheit nur ihr eigenes Leben zu organisieren und zu gestalten.
Ich mag jetzt keine Statistiken über die Aufteilung von Care Arbeit und Arbeitsteilung im Haushalt raussuchen, aber ich erzähle euch was ich heute erlebt habe. Ich habe mich mit Freunden (Paar, 10 jähriges Kind) zum Frühstücken getroffen - Buffett, nettes Ambiente, wir haben gemütlich geführstückt und nach einer Stunde ist dem Kind (verständlicherweise) fad geworden und es wollte Abwechslung/Ablenkung/Aufmerksamkeit. War tatsächlich ein bisschen lästig, weil ich zu diesem Frühstück gegangen bin, um meine Freundin wieder einmal zu sehen. Ein Partner, den ich für mich in Erwähung ziehen würde, hätte sich dazu entschieden, das Kind zu unterhalten, eine Runde durch den Park zu laufen oder ein Spiel zu spielen (das Kind ist grundsätzlich pflegeleicht und leicht begeisterungfähig). Der Typ hat sich aber allen ernstes dafür entschieden, erstmal eine halbe Stunde auf's Klo zu sitzen und am Handy zu spielen - das mit dem Frühstück und dem Kind ist ihm nämlich grad alles zu anstrengend geworden... glücklicherweise ist meine Freundin das ja schon seit Jahren gewohnt, alles alleine zu regeln: Kind unterhalten und abgelenkt, unser Freundinnen-Gespräch weiter geführt und die Rechnung bezahlen.
Sie braucht ihren Partner nicht, will ihn aber in ihrem Leben haben. Ihre freie Entscheidung, die ich auch nur dann kommentiere, wenn ich direkt danach gefragt werde.
Auch ich brauche keinen Partner in meinem Leben, aber so eine Art Mann/Partner wie ihn meine Freundin hat, will ich auch nicht in meinem Leben. Auch das ist meine freie Entscheidung. In meinem Umfeld habe ich so viele talentierte, kreative, mutige, intelligene, sportliche, abenteuerlustige, witzige, scharfsinnige Frauen, die mein Leben bunt und lebenswert machen - für einen künftigen Partner ist es richtig schwierig, da mithalten zu können. Aber nun ja - das ist dann wohl "mein selbstgewähltes Elend".