Thread zum Thema "Mentale Gesundheit"

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In der Art, wie Menschen mit Herausforderungen umzugehen lernen und darüber sprechen, liegt eine besondere Kraft, deswegen möchte ich hiermit einen Thread zum Thema „Mentale Gesundheit“ eröffnen.

Geprägt durch eine Ausbildung, die ich vor 2 Jahren beendet habe, bin ich überzeugt, dass das Teilen von Erfahrungswissen sehr viel Potential besitzt:

Eine Verbesserung der eigenen Lebensqualität, aber auch jener anderer Menschen, weil das Sich-Mitteilen der wirksamste Weg gegen Stigmatisierung ist.

An dieser Stelle ein wichtiger Hinweis: Die Selbststigmatisierung wird neben der diagnostizierten Erkrankung häufig als zweite Erkrankung bezeichnet.

Wenn jemand vor so großen Problemen steht, dass seine Gesundheit ernsthaft gefährdet ist:

Bitte holt euch professionelle Hilfe! Diskussionen wie diese ersetzen keine Therapie und ich selbst bin kein Therapeut!

Als ersten Input werde ich einen Beitrag von mir kopieren, den ich in einem anderen Thread verfasst habe.

Weiters möchte ich mich auf die Suche nach Plattformen begeben und diesen Beitrag in der Folge am Ende um Links erweitern.

In diesem Sinne freue ich mich auf einen konstruktiven Austausch! :)

Konstantin

Plattformen:

 
Zuletzt bearbeitet:
Ehrlich gesagt fände ich es spannender einen echten Ansatz zur Bekämpfung von Depressionen eher zu diskutieren und erweitern, weil zb Sport/Bewegung hilft aber auch das richtige Essen etc. Da könnten dann auch mehrere was beitragen, was ich besser finde.

Ein kleiner Versuch meinerseits.

Ich habe 5 Jahre für die Aufarbeitung gebraucht und 5 weitere für die Stabilisierung nach einer mittelgradigen depressiven Episode.

Für mich persönlich haben mehrere Punkte zur Genesung beigetragen:

Der (einmalige!) stationäre Aufenthalt. Dieser war für mich eine Erlösung und der Umstand, dass ich mich selbst freiwillig in das Spital eingewiesen habe, zeigte, dass ich dem Ganzen wirklich auf den Grund gehen möchte und Eigenverantwortung übernehme.

Die Therapie. Man lernt dabei seine Verhaltensmuster kennen. Bewältigungsstrategien halfen früher in absoluten Ausnahmesituationen, sind aber sehr hinderlich, wenn sie in den Alltag übernommen werden.

Die begleitende Medikation. Zuerst kam ich mir vor wie ein Stück Fleisch in Watte gepackt, aber nach einer Umstellung nach ca. 1,5 Jahren hat sich glücklicherweise alles zum Guten geändert: 0 Nebenwirkungen und ich kann alles genießen, was ich genießen möchte.

Das Arbeitsprojekt. Wieder Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit gewinnen. Teil einer Gemeinschaft sein und etwas Konstruktives beitragen.

Die berufliche Neuorientierung. Es gibt eine Möglichkeit, dass andere Menschen von den eigenen Erfahrungen profitieren, während man selbst Sinnstiftung in seiner Tätigkeit erleben darf.

Die geistige und physische Distanzierung von Menschen, die mich in meinem Leben sehr unglücklich gemacht haben.

Auf der persönlichen Ebene fallen mir diese Punkte ein:

Die Anerkennung aller Emotionen, die ich empfinde - raus aus der Verdrängung, innere Widerstände und Abwehrreflexe erkennen und annehmen. Trauer/Verlust/Wut sind kollektive Gefühle, die jeder Mensch - in unterschiedlicher Intensität - in sich trägt.

Raus aus der Isolation. Die Verbindung zum "inneren Kind" herstellen, das ich einmal war und Bedürfnisse hat, wie jedes andere Kind auch. Mich mit anderen Menschen darüber austauschen, wie ich die Erkrankung erlebe und was mir helfen kann, mehr Lebensqualität zu erhalten.

Raus aus der Opferhaltung: Wenn ich mit einer Herausforderung konfrontiert bin, wie kann ich meine Haltung dahingehend ändern, dass ich besser damit umgehen kann? Gleichzeitig: Ich bin kein Spielball von äußeren Umständen / anderen Personen und muss selbst am Steuer sitzen, wenn es um mein Leben geht. Niemand von außen kann mein Problem lösen - nur Krücken reichen. Laufen muss ich selber.

Wege finden, mit sich selbst in Kontakt zu kommen. Gedanken zu Papier bringen, Musik machen/hören, sich von der Schönheit der Natur inspirieren lassen und Kraft tanken. Verbundenheit spüren und wertschätzen. Dankbar sein für alles.

Edit 1-5:

Selbstfürsorge/Selbstmitgefühl kultivieren - kannte ich früher nicht und hatte noch nie davon gehört.

Das Leben als Pendelbewegung betrachten - wann brauche ich Erholung, wann brauche ich Aktivität?

Grenzen erkennen und einhalten - mit den Kräften haushalten.

Sport - physische Abarbeitung von Aggressionen, macht mich auch mental stärker.

"Gut ist gut genug!" - dem eigenen Perfektionismus auf den Grund gehen.

Aussöhnung mit der eigenen Vergangenheit - Integration von schwierigen Momenten.
"Gib dir selbst die Chance, Dinge aus einer anderen Perspektive betrachten zu können."

Hilfe von außen zu holen ist ein Zeichen von Stärke!

(Soll jetzt nicht gefühlslos rüberkommen, versuche nur das für mich Wesentlichste unterzubringen.)
 
Hilfe von außen zu holen ist ein Zeichen von Stärke!
Da gebe ich dir grundsätzlich recht, aber kaum jemand gibt zu, dass er/sie Hilfe von aussen in Anspruch nimmt. Ich erlebe es selber hier im Forum, was passiert, wenn man gewisse Schwächen zugibt. Zuzugeben, Schwächen zu haben, ist eine Form der Ehrlichkeit, die unehrliche Menschen scheinbar nicht würdigen und diese sogar gegen einen verwenden. In einem Forum mit zig tausend Mitgliedern, die es nichtmal bemerken.
 
So ein spannendes Thema.
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Hab heute eine unglaubliche Lebensgeschichte gefunden, eine mut-mach Geschichte.
Und so wie er sagt, nur wer sich im Keller versteckt kann keine Fehler machen.
Ich glaube nicht an den perfekten Menschen.
Aber an Wege die es zu gehen lohnt.
 
Da gebe ich dir grundsätzlich recht, aber kaum jemand gibt zu, dass er/sie Hilfe von aussen in Anspruch nimmt.

Jeder hat die Freiheit, darüber zu sprechen oder nicht.

Und klar: Wenn ich draußen Ablehnung erwarte, möchte ich mit der betreffenden Person nicht darüber sprechen.

Vielleicht gibt es auch stille MitleserInnen, die ebenfalls in irgendeiner Weise betroffen und dankbar für konstruktive Beiträge sind.

Edit:

Jede Form von Meinung und Positionierung bietet Angriffsfläche. Wenn ich aus einer Opferhaltung heraus kommuniziere, gebe ich anderen Menschen mehr Macht über mein Leben als mir selber.

Diesen Prozess habe ich selbst erlebt, er war einer von mehreren Faktoren, weswegen ich in die Erkrankung gerutscht bin - langsam, aber stetig über einen langen Zeitraum.

Anderen Menschen keine Macht über meine Gedanken zu geben, fällt mir manchmal immer noch schwer. Aber wenn ich mich selbst als Spielball wahrnehme, verliere ich meine Selbstwirksamkeit und kann mein Leben nicht gestalten.

Diese Situation ist für mich aus heutiger Sicht vollkommen inakzeptabel und dafür nehme ich die täglichen Anstrengungen in Kauf. (Und ja: Gesund zu bleiben ist an manchen Tagen verdammt harte Arbeit, es erfordert Überwindung, regelmäßige Übung und Abgrenzung nach innen und außen.)

Hilfreich könnte sein:

Bei welchen Menschen finde ich Unterstützung und Verständnis, im Alltag und/oder virtuell?

Wo und wie finde ich Halt und Orientierung?
 
Zuletzt bearbeitet:
In der Art, wie Menschen mit Herausforderungen umzugehen lernen und darüber sprechen, liegt eine besondere Kraft, deswegen möchte ich hiermit einen Thread zum Thema „Mentale Gesundheit“ eröffnen.

Bitte holt euch professionelle Hilfe! Diskussionen wie diese ersetzen keine Therapie und ich selbst bin kein Therapeut!
Sehe ich genauso wie du! Danke dir für deine tolle Initiative! :bussal: :up:

Und das, was du in Fett geschrieben hast, finde ich sehr wichtig!!! Auch wenn es ein wenig manchen hilft hier zu reden, es ist absolut KEINE Therapie und kann professionelle Hilfe auch niemals ersetzen! Und auch wenn es hier "gut tut", es ist immer noch "besser" professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen und zeugt von innerer Stärke.
 
Eine Geschichte aus der ersten Phase meiner Reha, die meine Resilienz stärkte und eine "Jetzt erst recht!"-Haltung bewirkte:

2014 hatte ich das Arbeitsprojekt - in Form eines geschützten Arbeitsplatzes (2 Jahre) - beendet und ich erinnere mich noch sehr gut an das letzte Gespräch mit dem damaligen Leiter der Werkstätte. Dieser meinte nämlich, dass ich in 3 Monaten wieder vor der Tür stehen würde - quasi unfähig, das Leben "draußen" zu organisieren, obwohl ich nur ein Mal auf Grund eines nicht selbst verschuldeten Arbeitsunfalls einen längeren Krankenstand in Anspruch nehmen musste (ansonsten war ich immer pünktlich, verlässlich und lieferte gute Arbeit, obwohl ich in dem Arbeitsbereich keine Vorkenntnisse hatte).

Mit dieser Aussage erwies er mir einen Bärendienst. Denn im Unterschied zu anderen Leuten (die häufig zu krank waren, um sich wehren zu können!), ließ ich mich nie fertig machen und war mir zu 100 % sicher: Wenn ich hier rauskomme, werden die Leute mich als Klienten nie wieder sehen.

8 Jahre später kam ich nach einer neuen Ausbildung wieder in Kontakt mit der Institution, dieses Mal aber als Arbeitnehmer. Als ehemaliger Betroffener habe ich nun die Chance, vollkommen neue Projekte zu initiieren. Diese Freiheit ist etwas, was ich davor noch nicht kannte und der Arbeitgeber schätzt meine Ideen sehr. Ich habe den Rückhalt, der für neue Impulse notwendig ist.

(Der ehemalige Leiter der Werkstätte, vollkommen ungeeignet für den Job, ist mittlerweile schon sehr lange in Pension und wurde durch einen unglaublich fähigen Mann ersetzt, es gibt dort seit vielen Jahren kein Mobbing mehr.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Was mir beim Thema "Mentale Gesundheit" in den letzten Jahren zunehmend bewusst geworden ist:

Wie wichtig es ist, sich in seinem Körper "zuhause" zu fühlen. Denn es gibt eine Verbindung zwischen der mental erlebten Realität und dem körperlichen Befinden.

In meiner Therapie ging es zunächst um die Stabilisierung und das Erkennen von Verhaltensmustern, die Bewertung des eigenen Körpergefühls ging nicht über auszufüllende Fragebögen hinaus.

Heute soll es zunehmend Profis geben, die beispielsweise die Sexualität von Beginn weg miteinbeziehen. In meinem Fall hätte es mich damals überfordert, aber ich glaube an die Möglichkeit des lebenslangen Lernens. Nach der abgeschlossenen Therapie habe ich mich damit auseinander gesetzt, das Resultat:

Eine viel bessere Beziehung zu meinem Körper, ich kann Signale, die er mir gibt, viel besser erkennen und aktiv für eine Veränderung sorgen.
 
In einem anderen Thread ist mir bewusst geworden, wie wichtig es für mich in der Vergangenheit war, Entscheidungen zu treffen.

Abschnitte bewusst beginnen oder beenden, die Zeichen des Wandels erkennen und auf der Welle reiten. Das macht Spaß, ermöglicht neue Perspektiven und Erkenntnisse.
 
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