liebe Larissa_CD
Lass Dich nicht irritieren von Kommentaren, welche Forumsbesucher von sich geben, die das was Du Durchmachst nicht verstehen, weil sie entweder zuwenig Empathie haben, oder gar nicht verstehen wollen.
Ich bin ein solcher "Mann".
Ich sage Mann, weil ich mir damals, als mir eigentlich bewusst wurde, was ich bin, etwas widerfahren ist (ich wurde crossdressed "erwischt" und damit erpresst mich wegen § 175 anzuzeigen, mich und meine Familie zu blamieren ... Das ging dann über Wochen) entschied mich zu verleugnen.
Ich habe mich in der Folge nicht mehr getraut mich zu outen - damals gab es nur Schwule und Tunten und besten Falls ein paar auf die Fresse (was ich tatsächlich selbst gesehen habe, ohne dass ich mich, mit damals 15, gegen den Mob aus "Erwachsenen" einzumischen getraut hätte.
Als meine Eltern spitz bekamen, dass "mit mir was nicht stimmt" haben die mich direkt nach der Schule (mit 17!) zur Bundeswehr geschickt. O-Ton, da wird ein Mann aus Dir. (Ich hab's gemacht, weil das auch eine Flucht von zu Hause und dem sozialen Umfeld bedeutete). Ich will mich über das Leben als Mann nicht beklagen - das Leben hat mich für einiges entschädigt und ich habe zwei wirklich zauberhafte Kinder bin jahrzehnte mit einer Frau verheiratet die immer schon von meinem alter ego wusste.
Ungeachtet dessen treibt mich um, dass ich nie den Mut oder die Möglichkeit besessen habe, dieses alter ego tatsächlich zu leben. Und dieses Gefühl von Reue ist shcmerzhaft, weil man die Zeit ja nicht zurückbekommt.
Meine ANtwort auf Deine Frage ist: Wäge ab, was es Dir bedeutet Dein alter ego konsequent zu leben. Frag' Dich ob und wieviel Geschirr zu Bruch geht wenn Du Dein Umfeld ins Bild setzt. Um wen es schade sein wird, um wen nicht. Ganz wichtig: Was bedeutet das für dein berufliches Umfeld. Nicht selten verlieren Transmenschen ihre Stelle und finden, wenn überhaupt, anschliessend nur noch geringerqualifizierte Stellen - als ob man ein anderer Mensch und bei der GEschlechtsangleichung auch sein Gehirn an der Garderobe abgibt. Gottlob sind da nicht alle Arbeitgeber gleichgestrickt - bevor du diesen vor vollendete Tatsachen stellst solltest DU vorher ein klärendes Gespräch suchen.
Wenn das für Dich passt und Du bereit bist Rückschläge hinzunehmen: Tu es. Tu es gleich und zögere nicht. Heute gibt es a) eine zunehmende Bereitschaft Menschen wie uns zu akzeptieren b) ist die Medizin sehr weit fortgeschritten und kann Dir wirklich helfen.
Wäre ich heute noch mal 14 ich würde keinen Moment zögern, den Fehler von damals nicht nocheinmal zu begehen.
Ich hab' das von damals augeschrieben wenn ich Deine Neugier geweckt haben sollte:
Schlüsselerlebnisse - Tag 1