Wenn wir es auf der tiefsten Ebene betrachten, ist es in gewisser Weise nur "Schein-Macht", denn es ist ein freiwilliges Eingehen eines Machtgefälles im Rahmen der Einvernehmlichkeit. Selbst in intensiver gelebten Varianten wie TPE bleibt es eine verliehene Macht, die an das Einverständnis des untergebenen Parts gekoppelt ist. Und das ist auch gut so. BDSM in all seinen Formen basiert auf Einvernehmlichkeit und das trennt es auch von allen Arten von Missbrauch, wenn es im ursprünglichen Sinne gelebt wird.
Dennoch kann die Macht im Rahmen dieser Einvernehmlichkeit sehr weit gehen und wenn man sich ganz tief auf seine Neigung einlässt, leben das die Beteiligten auf eine Art aus, die vergessen lässt, dass der/die Sub das theoretisch abbrechen könnte. Und von Sub-Seite aus gesehen darf ich sagen, wenn man eine Partnerin hat, der man sich völlig hingibt und sie verehrt, will man das auch gar nicht und denkt auch nicht daran. Man ist glücklich und erfüllt, dass man sich jemand mit Haut und Haaren unterwerfen und gleichzeitig vertrauen kann. Man lebt einen Teil der eigenen Persönlichkeit aus und es ist Dankbarkeit, das man miteinander eine Art von Ganzheit empfindet, die das Gefühl zueinander trägt - zumindest ist das bei mir so.
Damit beantwortet sich auch gleich die Frage, ob ich Macht spüren will. Ja, ein Teil meiner devoten Ader ist, dass ich unterworfen werden möchte, dass ich eine gewisse "Ohnmacht" spüren will, das tun zu müssen, was eine Herrin mir befiehlt, während ich es gleichzeitig als Ehre empfinde, ihr dienen zu dürfen. Das ist bei mir durchaus ambivalent, da ich Erniedrigungsszenarien, die auf Willkür und Macht basieren genauso mag, wie Hingabe und Dienen, wo es sanfter zugeht, in Richtung Verehrung und Anbetung. Wenn ich so ganz in meiner devoten Ader aufgehe, vermischt sich das bei mir und ich kann gar nicht sagen, was mich mehr anspricht. Aber das Gefühl, ihrer Macht unterworfen zu sein, spricht mich immer an.
Dass wir aber im Endeffekt gleichwertige Menschen sind und uns in einem eigenen, selbstgeschaffenen Universum des Machtgefälles befinden, ist mir auch immer klar. Und mein Selbstbild im Alltag ist in keiner Form eines, minderwertiger zu sein oder unter jemand zu stehen. Jedoch begebe ich mich bereitwillig in dieses Machtgefälle-Universum, sobald wir interagieren. Und wenn mit einer dominanten Partnerin auch Alltagssituationen gelebt werden, beispielsweise in einer Spielpartnerschaft, dann agiere ich auch dort so, dass ich ihr unterstehe. Allerdings finden dennoch unzählige gleichberechtigte und lockere Gespräche statt, als gäbe es kein Machtgefälle. Der Unterschied ist nur, dass sie das jederzeit ändern und mich in meine untergeordnete Rolle beordern kann.